24. November 2024
Schade, dass du gehen musst, lang vor deiner Zeit,
So wie ich die Dinge seh‘, tut’s dir selbst schon leid.
Einfach so hinauszugeh’n, hast du mal bedacht,
Was dein Fortgeh’n uns, mein Freund, für einen Kummer macht?
Hier liegt deine Pfeife noch bei dem Tabakstopf,
Dass du nicht mehr rauchen sollst, geht nicht in meinen Kopf.
Hier steht noch dein Birnenschnaps, den ich mir jetzt eingieß‘,
Dir zum Gruß, der keinen Schluck im Glas verkommen ließ.
Schade, dass du gehen musst, ausgerechnet heut‘,
Dabei hättest du dich so an dem Bild erfreut,
Wie die Freunde um dich steh’n und wie sie verstört
Witzchen machen, damit man keinen sich schneuzen hört.
Allen hast du das vererbt, was bei dir rumstand,
Deine Schätze eingetauscht für eine handvoll Sand.
Geige, Bücher, Bilder, Kram und dein Lieblingsglas,
Bloß das Erben macht uns heut‘ doch keinen rechten Spaß.
Schade, dass du gehen musst vor der Erdbeer-Zeit.
Auch dein Most vom vor’gen Jahr wäre bald so weit.
Wenn Du heute den noch siehst, der uns’re Wege lenkt,
Frag‘ ihn unverbindlich mal, was er sich dabei denkt.
Sicher geht es dir bei ihm eher recht als schlecht.
Sicher sucht er grade wen, der dort mit ihm zecht.
Hoch auf deiner Wolkenbank bei Tabak und Wein,
Leg zwischen zwei Flaschen mal ein Wort für uns mit ein.
Aus „Mein achtel Lorbeerblatt“, 1972
Foto © Hella Mey